„3 × 10 Jahre für unser Werk Zeithain“

Im FUCHS-Porträt: André Franke ist seit April 2021 Geschäftsführer der FUCHS Fertigteilwerke Ost in Zeithain.

Die Geschichte der Abscheidetechnik in Deutschland begann vor rund 130 Jahren. Nach dem ersten Jahrhundert, nämlich im Jahr 1991, machte sich ein junger Mann auf, ihr und vielen weiteren Aspekten der Umwelttechnik sein berufliches Wirken zu widmen. Seit April 2021 ist André Franke nun Geschäftsführer der FUCHS Fertigteilwerke Ost in Zeithain bei Leipzig. Wir sprachen mit ihm über 30 Jahre, in denen die Flüsse und Bäche sauberer wurden und die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung immer mehr an Bedeutung gewann.  

Noch bevor am 27. Februar 1992 der Spatenstich für den „Bauindustriepark Zeithain“ erfolgte, waren Sie bereits zum Vertriebsmitarbeiter für das Vertriebsgebiet Dresden und Ostsachsen bestellt worden. Was hatten Sie als damals 27-Jähriger in der turbulenten Zeit zuvor erlebt?

Ich war in Sachen Baubranche vorbelastet durch meine Eltern; mein Vater war Bauleiter, meine Mutter in der Planung tätig. Die Neigung hat sich wohl vererbt. Nach der Polytechnischen Oberschule in Hoyerswerda absolvierte ich beim Bau- und Montage-Kombinat Kohle und Energie (BMK) die Ausbildung zum Baufacharbeiter mit Abitur. Nach dem anschließenden Wehrdienst ging es nach Cottbus, dort studierte ich Bau-Ingenieur. Beim BMK fing ich dann als Jung-Ingenieur am Institut für Kernenergiebauten an. Was mich aus meiner Jugendzeit fürs Leben geprägt hat, war vielleicht der Kampfsport an der Sportschule beim SC Leipzig. Da habe ich gelernt, dass man im Leben immer auf sich selbst gestellt ist und sich behaupten muss.

Das klingt nach einer ereignisreichen Jugend in der damaligen DDR. Wie erlebten Sie die Wende 1989/90 und den wirtschaftlichen Umbruch?

Die erlebte ich auch dadurch, dass es auf einmal für mein Institut keine Arbeit mehr gab. Da rief mich meine Mutter an. Ins BMK war inzwischen der deutsche Baukonzern DYWIDAG eingestiegen, woraus dann die Union Bau AG hervorging. Meine Mutter arbeitete inzwischen dort in der Vertriebsabteilung der Werke von DYWIDAG und sagte mir, die Firma würde dringend Unterstützung im Vertrieb brauchen, mit den Schwerpunkten Abscheide- und Klärtechnik. Gewässerschutz hatte mich schon immer interessiert, und bis zur Wende waren die Flüsse und Seen hier in einem schlechten Zustand. Es gab zwar zu DDR-Zeiten auch Abscheider und Kläranlagen, hier herrschte aber Mangelwirtschaft.

Wie muss man sich Ihre Arbeit von damals vorstellen?

Wir haben das damals schon sehr professionell aufgezogen. Mit Rhetoriktraining, Produktschulung, Video-Aufzeichnung und Analyse von Gesprächssituationen. Ansprechpartner für mich waren Behörden, die mit Gewässerschutz zu tun haben, Ingenieur- und Planungsbüros, Bauunternehmungen, der Baustoffhandel und Kfz- und Industriebetriebe. Gaststätten brauchten Fettabscheider, Tankstellen Ölabscheider. Neben unserem Vertriebsbüro in West-Berlin war ich für den Raum Cottbus – Dresden im Außendienst tätig. Es ging immer darum, ein Konzept zu erstellen, um etwas anbieten zu können. Ich war da nicht ganz erfolglos, ich habe im ersten Jahr schon einen Umsatz von über einer Million Mark generiert. Damals auch zum aller ersten Mal mit dem Philipps-Koffer als Mobiltelefon… unseres damaligen Chefs.

"Bevor der Flieger in Dresden landete, hatte ich meinem Sitznachbarn einen Großabscheider verkauft."

Dann gab es den Neubau in Zeithain.

Genau, im Oktober 1992 wurden das Bürogebäude, die Bewehrungshalle und drei Hallen für die Fertigung von Produkten der Umwelttechnik, Kabelschächte und Garagen eröffnet. Ich kam da mit dem Flugzeug zurück von einer Messe in Frankfurt am Main. Bevor der Flieger in Dresden landete, hatte ich meinem Sitznachbarn, einem Mann aus der Kfz-Branche, einen Großabscheider verkauft. Das war der erste Auftrag für unsere Rechteckbehälterschalungen in Zeithain. In dieser Zeit begann das Geschäft gewaltig zu laufen. 1990 wurde in Dresden auf der Hansastraße die erste ARAL-Tankstelle mit unserer Abscheidetechnik von DYWIDAG eröffnet. In dieser Zeit schloss ich pro Woche Verträge mit drei bis vier Tankstellen ab. Bundesweit taten sich neue Märkte auf, auch was die Autobahn-Entwässerung betraf.

Jeder Boom bekommt einmal einen Knick, wie sah der bei Ihnen aus?

Die Bau-Branche erlebte dann ab den Jahren 1995/96 eine Krise. Bis dahin war sie glänzend gelaufen und alle Arbeitssuchenden waren auf den Bau geschickt worden. Uns machte das eigentlich nichts. Ich hatte 1995 ein Spitzenjahr mit einem Umsatz von fast fünf Millionen Mark, damit war ich der Spitzenreiter aller DYWIDAG Werke. Ich hatte mir ein gutes Netzwerk aufgebaut, dass vieles gut klappte. In den Jahren 1997 und 98 war ich Leiter des Innendienstes und für die technische Konzeption von großen Projekten zuständig wie den Industriepark Radeburg, Abscheideanlagen an den Autobahnen A4, A9, A 12 und A 14 oder am Flughafen Dresden. Für die LEAG (Vattenfall) habe ich die Ausschreibung für eine Kläranlage mit 3000 Einwohner-Gleichwerten vorbereitet, solche Sachen eben. 1999 wurde ich Vertriebsleiter.

Hatte Sie Ihr Studium auf diese Tätigkeiten vorbereitet?

Ich habe mir das Wissen und die Fähigkeiten dazu selbst angeeignet, dazu kamen unsere Produktschulungen. Die Technik ändert sich in Details, aber die Grundsätze, Normen und Vorschriften sind die anerkannten Regeln der Technik und somit unsere relevanten Grundlagen.

Dafür änderte sich im Unternehmen einiges. Nach dem Einstieg der Walter Bau AG 2001 stand 2005 der Gang vor den Insolvenzrichter an.

Auslöser war eine andere Sparte der Walter Bau gewesen. Ich wusste natürlich zunächst nicht, wie es mit mir weitergehen sollte. Ich hatte als Vertriebler einen sehr guten Ruf und bekam sofort einige Angebote, teils aus dem Westen, teils aus dem Süden. Der Großteil der Kunden hier stand aber zu mir und unser Werk blieb daher auf gesunden Füßen. So kam der Insolvenzverwalter auf die Idee, dass unser technischer und unser kaufmännischer Leiter Zeithain im Rahmen eines Management-Buy-Outs übernehmen sollten. Vor dem Einstieg von Walter Bau hatten hier knapp 200 Leute gearbeitet, beim Neustart waren es noch gute 50.

Sie verlagerten sich nun endgültig auf die Produktentwicklung. 2007 bekamen Sie Handlungsvollmacht als Produktmanager.

Es ging vor allem um den Gewässerschutz. Ich habe damals einen neuen Abscheider für die Betonsysteme Zeithain entwickelt, zugelassen und mich mit den Zulassungsinhalten des DIBt beschäftigt. Das führte schließlich dazu, dass ich ab 2008 aktiver Mitarbeiter im DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NAW) 119-05-05 AA Arbeitsausschuss Abscheider bin. Seit 2011 vertrete ich den Standort Zeithain in der Gütegemeinschaft Entwässerungstechnik e.V. im Fachbereich 3 „Abscheideranlagen“. Diesen führe ich seit 2018 als Obmann. Das DIBt hat mich in 2019 als Mitglied in den Sachverständigenausschuss SVA „Abscheider“ bestellt. Für den DIN arbeite ich seit 2018 auch im STLB-Bau LB 011 Abscheider- und Kleinkläranlagen (Standard-Leistungstexte) mit. Es geht bei diesen Tätigkeiten um Marktbearbeitung, das Sammeln und den Austausch von Informationen, um zu wissen, wo die aktuellen Tendenzen hingehen und wie sich der Markt entwickelt. Wir verkaufen heute interessante Gesamtlösungen und Sicherheit für unsere Kunden.

"Nur Produkte aus dem Katalog ohne Persönlichkeit und Fachkompetenz, seien es Umwelttechnik oder Infrastruktur, das funktioniert nicht."

2012 ist die FUCHS Firmenfamilie in Zeithain eingestiegen. Was hat sich daraus entwickelt?

Das gab sofort einen rasanten Aufstieg, die Auftragssumme hat sich schon im ersten Jahr beinahe verdoppelt. Ich wurde in die erweiterte Geschäftsführung berufen, Schwerpunkte Produktentwicklung und Vertrieb. 2017 übernahmen Mario Titze und ich die operative Verantwortung für Zeithain, die Entwicklung der letzten Jahre in Zeithain ist positiv. Das Jahr 2020 war bislang unser bestes.

Wie würden Sie die Produkt-Palette des Fertigteilwerks Ost in der FUCHS-Firmenfamilie beschreiben?

Wir entwickeln Komplett-Lösungen für die Umwelttechnik, die Infrastruktur und für die FUCHS Systemgebäude. Insbesondere setzen wir auf technische Lösungen unter Verwendung unserer rechteckigen Multifunktionsschächten, den mehrteilig gereihten Behältern und unseren Rundbehältern in den Bereichen Wasserversorgung, Abwasserbehandlung, Abwasserentsorgung, Regenwasserbehandlung, Regenwasserbewirtschaftung, Löschwasserversorgung und der biologischen Abwasserreinigung für Abwasser aus dem Bereich der Kfz-Pflege und Reinigung.

Für die FUCHS Systemgebäude fertigen wir Aufzugsschachtsysteme, Balkone und seit zwei Jahren schlüsselfertige System-Bäder.

Zum 1. April 2021 hat Sie Conrad Fuchs zum Geschäftsführer berufen. Wie sieht ein typischer Tag in Ihrem Arbeitsleben aus?

Der beginnt um 7 Uhr mit der 80-Kilometer-Fahrt hierher oder zum Kunden, ich führe zahlreiche Telefonate. Mir ist wichtig, für die Leute da zu sein, für Probleme Lösungen aufzuzeigen. Ab und zu darf ich auch noch ein technisches Konzept entwickeln (lacht), da hängt eben mein Herz dran. Aber vor allem hängt dieses Herz an den Leuten, am Standort. Das bringt eine hohe Verantwortung mit sich – wir brauchen Aufträge, schon für sie und ihre Familien. Jeder Tag ist auf seine Weise spannend, gegen 18.30 Uhr komm ich dann ungefähr nach Hause.

Zur Person

André Franke (Jahrgang 1963) lebt mit seiner Frau in Hoyerswerda, die Kinder (Sohn 31, Tochter 27) und die beiden Enkel erfüllen ihn mit Vater- bzw. Opa-Stolz. Bevor es auf die lange Autofahrt nach Zeithain geht, sorgt der Familien-Hund für die Fitness von André Franke. Drei Mal wöchentlich stehen mit dem Vierbeiner frühmorgens 8-Kilometer-Joggingrunden auf dem Programm.

Wenn er einmal nicht gerade die Fertigteilwerke in Zeithain leitet, Kunden besucht, an Schulungen, einer Norm- oder GET-Sitzung teilnimmt, ist er in der heimischen Werkstatt gerne handwerklich tätig. Oder das Motorrad fordert seinen Tribut. André Franke wandert und reist gern, ein bevorzugtes Ziel sind Freunde in Rumänien. Das letzte Live-Konzert, das er vor der Pandemie erlebt hat, bescherte ihm ein paar schöne Stunden mit einer Cover-Band von Led Zeppelin.

Saubere Gewässer, intelligente Infrastruktur: Herr Franke, herzlichen Dank für Ihren Einsatz und keep on rockin´!

Vielen lieben Dank!
Interview: Hubert Süß

Das vollständige Interview können Sie in Ausgabe 9 von WIR FÜCHSE nachlesen.